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2018 | Die hohle Hand Himmel und Hölle. Ein eingefaltetes Buchobjekt über die erstaunlichen Fähigkeiten unserer Hände.
Ich habe zwei Hände: zum Hin- und Herwenden, zum Abwägen, um unvermutete Zusammenhänge von mehreren Seiten empathisch wahrnehmen zu können. Zum Drehen und Wenden, statt flacher, vorschneller Meinungen, die mir mit dem täglichen binären Ja|Nein in die Hand verfügt werden. Und weil vieldimensionale Phänomene sich schlecht in eine ordentlich linear aufgereihte Schrift zwingen lassen, muss sich vieles im Eingefalteten verstecken lassen.

 

2015 | Löcher. Es gibt sie, die offenen Räume und die unermesslichen Geschehnisse.
prunk_los.do
rippeln _ flicken _ stopfen _ als Zauber gegen alle möglichen Arten von gesellschaftlichem Götzenkult sammel ich die Löcher in Ihren Socken.
Den Wert von Löchern sehen und nicht sofort verstopfen;
Flicken und Rippeln sind keine Gegensätze sondern gegenseitige Bedingungen:
Knoten lösen, Verwobenes und Verfilztes lockern,
die Fäden in der Hand behalten, Altes mit Neuem verbinden.

 

2013 | leicht – sinnig ‑ 1848 leere Eierschalen wurden schwarz angemalt und oft auch neu zusammen geklebt und schließlich im Hühnerhaus Volksdorf ausgelegt.

Betreten werden durfte das Hühnerhaus aber erst, nachdem vier gelbe Karten miteinander ausgetauscht wurden, damit alle alles gelesen und besprochen hatten.

Es ging um unser sinnig leichtsinniges Bedeutungs-Los, nicht um das extrem bedeutungsbeladene Ei.
Dinge selbst haben keine Bedeutung. Wir aber haben die Freiheit, Dinge und Geschehen etwas bedeuten zu lassen. Wir übernehmen sie gern, die Bedeutungen, wenn sie bedeutungsvoll behauptet werden, weil sie beruhigen, auch wenn sie beunruhigend erscheinen. Kann eine endlose Fülle von Bedeutungen, wie sie das Ei in sich birgt, schließlich implodieren?
Kein Ei gleicht dem anderen. Warum sollten Eier immer als Rohe behandelt werden.
Zertretenes ist noch lange nicht Nichts.

Nach der Erfahrung der Zerstörung des mühsam Gesammelten und Restaurierten, schließlich wurden 1848 Eier ausgeblasen, gewaschen, zusammengeklebt, schwarz gemalt, im Hühnerhaus ausgelegt und: zertreten. Nach diesen Erfahrungen und der individuellen Auswahl einzelner Eier aus der großen Menge, wurden diese ins Labor gerettet, in der Hand zerdrückt und zerpixelt und in eins der beschrifteten Reagenzgläser gebröselt, zum Mitnehmen und Auslagern in andere unvorhersehbare, neue Labore, unter neuen Beobachtungssituationen: was wohl möglich sei.

 

2011 | Ein verpasster unvermutet kostbarer Moment des Unerwarteten wiederholt sich nicht. Eingeschnitten.

 

2011/1991 | BOK36 Palimpsest

 

2010 | Feital, BOK 118 Postes, Negativräume an Telefon‑ und Elektroleitungen im Dorf Feital

 

2006 | Knoten verloren gefunden verworfen Wortknoten wiederholte Worte gefangene Worte verbindende Worte.
Es gibt ein Märchen, das allerdings noch geschrieben werden muss. Es handelt von der Verknotung der Sprache. Die Menschen wussten zwar schon immer, dass sie sich nicht verstehen, vergaßen es aber immer wieder. Deswegen erfanden sie immer neue Worte, die alles noch besser und noch genauer beschreiben würden, was sie ausdrücken wollten. Dabei entstanden viele neue Sprachen, die sie auch wieder miteinander verknoteten, um sie zu vereinfachen. Auch die Sprachen verknoteten sich untereinander. Um das zu lösen, verknoteten die Menschen die Sprachen immer wieder aufs neue. Und so weiter. Und wenn sie noch leben, knoten sie noch immer. Das wirklich grandiose dabei ist, dass die Menschen wirklich weiter leben und zwar besonders lebendig, wenn sie in den Knoten und aus den Knoten unvorhersehbare, staunenswerte Geschichten und Bilder herauslesen.

2006 | Knotenspiele

 

 

1998 | Im aufgerollten Horizont, Buchobjekt, Literaturförderpreis der Freien und Hansestadt Hamburg, Ausstellung W.Koschatzki‑Preis Wien, ISBN: 3-924540-24-1

Das Schiff fällt und stößt in einem mir noch nicht einsichtigen Rhythmus auf sehr Hartes und versprüht beim Aufstoßen doch Myriaden von feinsten Tröpfchen. Jeder siebente Brecher wirft sich hoch über das ganze Schiff hinweg. Dennoch erscheint mir das Schwanken und Stoßen des Schiffes oben auf der Brücke stehend erträglicher als in meiner kleinen Kammer unten. Logisch ist das nicht. Windstärke sieben von Westen, wir fahren mit sechzehn Knoten gegenan, was sich addiert. Auch Schreiben ist jetzt schwierig, der ganze Körper muss ständig ausgleichen, was die Sinne nicht einordnen können. Jede Bewegung, jeder Handgriff, jedes Bleistiftablegen wird existentiell bewusst.

 


1998 | Frei im leeren Raum schwebt ein Loch, Buchobjekt
Die Frage tauchte beim Zeichnen auf. Eine fiktiv erlebte Geschichte um ein Loch herum geschrieben.

 

1992 | Acrylzylinder mit Endlostext

… des eintönigen, ständig veränderten, rauschenden Vielklangs über der grauen Fläche. Schwünge, in Schaumblasen aufgelöste Halbkreise, schieben sich glitzernd vom dunklen Wasser auf die schwarze Muschelbank. Ende. Nur das Rauschen bleibt, schwappt, schlürft, endlos. Eine Welle überschlägt sich. Meine Augen sind zu langsam, die Erkenntnisse der Strömungsphysiker wirklich zu kontrollieren. Sieht aber schön aus. Die meisten Wellen schwingen gleichmäßig und geordnet, aber einige sind doch zu schnell oder auch etwas zu groß. Sollte man nicht doch die Bögen glätten, in kontrollierbares Gleichmaß fügen? Einzelne Töne sind nicht hörbar. Nur in gemeinsamen, strömenden Schwüngen schieben sie weißgeblasene Klangperlen in immer neu erfundenen Rhythmen zwischen Steine und tote Muscheln. Zerbrochen rollen sie wieder in ihr Orchester zurück. Einzeln sind sie nicht zu hören. Einzeln ergibt sich kein Ton. Zu hell, zu zart, die farblosen Wimpern von Okeanos´ Töchtern. Aber ich muss doch sehr laut rufen, will ich über dem Getöse klingen, …

 

 

„Gegen Morgen habe ich einen Traum:
Es zeigt mir jemand ein kahles Gelass und sagt:
Es saßen Künstler darinnen.
Zuerst bekamen sie viele Ster Holz,
Und als die aufgebraucht waren,
Bekamen sie viele Quadratmeter Leinwand,
Und als die verarbeitet waren,
Bekamen sie ein Blatt Papier.
Und im Traum erschien mir dies weise,
Und ich glaubte an die Besserung der Künstler.“

(Bertolt Brecht, 1920, Tagebuch)